Deutsch- japanische Gedichte

Vorwort

Das Japanische Gedicht Haiku macht eine Tür auf. Zu einem leeren Zimmer. Es hat siebzehn oder neunzehn Silben. Ich kann es mir nie merken, wie viele, und ich glaube, es ist für Nichtjapaner auch einerlei. Das Haiku lässt so viel Freiheit. Es muss nur rasch genug zu Ende sein. Es komprimiert, ob man will oder nicht, einen Gedanken oder ein Leben, auf eben diese siebzehn Silben.

Meine Verse ranken sich oft um das Sacco–Syndrom, die Krankheit, hervorgerufen und verursacht durch eine Gewalt beinhaltende, Gewalt verherrlichende Religion, an deren Spitze Menschen einen Gewaltgott gesetzt haben, oder besser: Das Bild eines solchen Gewaltgottes. Denn die richtigen Götter sind immer gewaltlos. Sie sind nicht verrückt. Menschen sind oft verrückt. Verrückt nach Rache, Grausamkeit und Gewalt, auch Kindern gegenüber.

Das japanische Haiku ist meist, oberflächlich gesehen, zart. Es deutet an. Es führt oft ein bisschen aus der Realität. Regen kann dort Tod symbolisieren. Das Sacco – Haiku ist eher gegenteilig. Es löst Symbole auf und konfrontiert mit der Realität, dort, wo sie verdrängt wird. Auch das ist Zen: Die Schule der Erleuchtung der Realität. Licht muss herein in die Religionen. Licht und Vernunft und Sachlichkeit.

Ein Haiku sollte auch töten können, da, wo schwer krankmachende Dogmen getötet werden müssen. Dann muss der Dichter stärker sein als das Dogma – sonst verbrennt es ihn. Und der Leser muss sich darüber klar sein, ob er stark genug ist, sich der Vernichtung des Dogmas anzuschließen. So muss Jahwe dort sterben, wo er grausam töten und foltern lässt, und sich so als eine menschliche Erfindung erweist. „Er“ befiehlt seinem Volk, die Kanaaniter in einem Genozid auszurotten – auch jedes noch so kleine Kind. Er befiehlt Lebendig verbrennen und Steinigen. An diesen Stellen wird Jahwe politisiert und von Politikern im Eigennutz missbraucht.

Und so müssen auch die drei Götter der Bibel sterben, da, wo sie ganz augenscheinlich Erfindungen sehr grausamer Menschen sind. Kein wirklicher Gott wirft Ungläubige, ungläubige Kinder oder Sünder  in einen Feuersee, in dem sie gequält werden, „von Ewigkeit zu Ewigkeit“. Die Apokalypse und die Hölle sind Kirchenreklame. Sie sollen Kinder beeindrucken. Aber: Sie machen Kinder krank. Auch sterbenskrank. Hier wird Gewalt religiös dekliniert, hier wird, so Bischöfin Käßmann, Gott gelästert. Kein wirklicher Gott hält wirklich eine Hölle vor, dieses oft als ewig dauernd beschriebene  Straflager, dieses ewige KZ. Der Gedanke, Gott könne grausamer sein als Hitler, dieser Gedanke ist unerhört. Er ist klerikal konstruiert und gehört getötet. Wer sich dem nicht anschließt, ist nicht feige. Ihn hindert nur seine meist unbewusste Angst davor, einzuschreiten. Auch klassische Fundamentalisten sind meist aus Angst so hart, so kriminell. Nur manchmal sind es kühle Rechner. Auch dann sind sie krank. Völlige seelische Gesundheit ist uns ein lieber, aber scheuer Freund.