Neue Religion, neue Psychiatrie
von Frank Sacco

Wir brauchen zur „Grundsatztherapie“  psychischer Erkrankungen einen Paradigmenwechsel in der Psychiatrie. Wir brauchen im Zuge dessen eine Religionsreform mit einem neuen Gottesbild. Wir brauchen einen „Gott“ in harmonischer Kongruenz mit der modernen Ethik und den deutschen Gesetzen. Einen „Gott“, der unsere Geschlechtlichkeit von unseren Kindesbeinen an akzeptiert und sich an ihr erfreut. Wir brauchen einen „Gott“, der uns allenfalls am Ende „richtig macht“, uns erklärt, was wir hätten besser machen können – der uns aber nicht richtet oder gar straft. Wir brauchen einen christlich sich verhaltenden “Gott“, der sich auch selbst christlich verhält und sich gegen jede Art von Folter auch im Jenseits  wendet. Das Buch „Die Bibel“ kann diesen Gott nicht liefern – ja es liefert das gerade Gegenteil.

Im Vorfeld brauchen wir eine neue Psychiatrie, die sich gegenüber der Gewaltreligion „konventionelles Christentum“ emanzipiert, die die Wertigkeit einer ernstgemeinten Androhung einer ewigen Verdammnis erkennt und Betroffene in ihre Gesprächs-Therapie aufnimmt. Die Praxis einer  Trägerschaft Psychiatrischer Kliniken durch die fundamentalistisch ausgerichteten Amtskirchen ist zu überdenken.

Alice Miller lehrt: „Jedes Kind wird unschuldig geboren“. Das widerspricht der Praktik unserer Geistlichkeit in Bezug auf die skurrile Lehre von der Erbsünde, mit der sie auch die „Gerechtigkeit Gottes“ im Quasi-Holocaust Sintflut begründet, alle damaligen Babys zu ertränken. Diese wirklich paranoide Theorie ist nicht und war nie ethikkonform. Sippenhaftung bzw. ererbte Schuld war zu allen Zeiten objektiv eine Ungerechtigkeit. Bis ins vierte Glied darf man nicht strafen. Schuld war und ist immer individuell und nie kollektiv. Es muss eine baldige Änderung stattfinden. Es darf ein paralleles Kirchenrecht nicht geben. Die Freiheit der Kirchen und damit die Religionsfreiheit muss dergestalt auch in der Praxis begrenzt werden, dass sie zumindest unter die großen Flügel unseres Grundgesetzes und des Strafgesetzbuches passt.

Nicht Jesus ist der Bedroher unserer Kinder, es sind die Amtskirchen. Jesus ist definitiv gestorben und also, so die Staatsanwaltschaft Freiburg i. Br., nicht „existent“. Aufgrund dieser Nichtexistenz kann er nicht foltern oder Folterungen während einer Apokalypse planen oder in einer Hölle bereits durchführen.

Ein jeder hat hier grundrechtlich garantierte Religionsfreiheit, die nicht bedroht werden kann und darf. Wir haben die Freiheit, nicht religiös zu sein. Niemand, nicht einmal der nach Kirchenaussage so „wahre lebendige Mensch“ Jesus, darf jemanden unter der Nötigung, man komme anderenfalls in eine Hölle, in Deutschland zu einer Religionsangehörigkeit zwingen. Mission in dem Sinn: „Kein Weg geht zum Vater, denn durch mich“, ist demnach in diesem Staat unerlaubt. Der historische Jesus hat derartiges auch nicht schriftlich niedergelegt. Ein derartiger Satz setzt eine krankhafte Hypertrophie in Sinne eines Narzissmus voraus. Oder er ist schlichte Politik.

Kein Kind darf Angst vor Strafen haben. Damit ist auch und gerade die Angst vor Folter, vor ewiger Höllenstrafe gemeint. Und: Jedes Kind ist sensibler als Erwachsene. Das sollten wir berücksichtigen. Die Aufforderung an unsere Kirchen und ihren Pseudogott der Rache lautet demnach: „Hände weg von Gewalt.“ Die Aufforderung an die Gesellschaft: Sie soll schließlich auch den seelischen Missbrauch der Kirchen an unseren Kindern erkennen und ihn ebenso verurteilen, wie im Schicksalsjahr 2010 den sexuellen. Die Gesellschaft soll ihre verdrängte Angst verlieren. Gott ist nicht Kirche. Er ist als die Liebe das Gegenteil der offiziellen Amtskirchen.

Der einfachste Weg zu einer Reform geht über Strafanzeigen der Bevölkerung und massive Schadensersatzforderungen der Geschädigten. Denn eine Höllenstrafe kann unser Klerus ebenso abwenden wie ein Jesus der Bibel (siehe Johannes 20).

Unsere Psychiatrie ist zurzeit zu angstbesetzt, den Kirchen den notwendigen Widerstand entgegenzusetzen. Die sprechende Medizin  schweigt zu der nach Karl Jaspers größten Angst des Menschen, der Gottangst.  Auch unser Staat nimmt den Staat im Staat Kirche als seinen „Amtskollegen“ regelmäßig aber illegal in Schutz. Was bleibt zur Durchsetzung von Reformen sind letztlich mündige und vor allem mutige Bürger.

Machen Sie´s gut, Ihr Frank Sacco

Postskriptum:

Wenn Sie sich, lieber Leser, als Patient von irgendeiner Kirche (es muss nicht die Ihre sein, sie können auch Atheist sein) oder von der Psychiatrie geschädigt fühlen, steht Ihnen frei, einen finanziellen Ausgleich einzufordern bzw. Klage zu erheben. So etwas ist zunächst kostenfrei (Staatsanwaltschaften, Schlichtungsstellen der Ärztekammern). Argumente für eine derartige Klage bieten Ihnen meine Arbeiten und die von mir zitierten Schriften. Ihre Schädigung verjährt auch nicht, wenn Sie immer wieder mit Höllenandrohungen der Kirchen offiziell und schriftlich konfrontiert werden. Das gilt auch für den Fall, dass Sie als Atheist oder Andersgläubiger mit Hölle bedroht werden. Psychiater (Ausnahmen) verweigern dringend notwendige Hilfe kassenversicherten Patienten und damit für ärztliche Leistung bezahlende Schwerstkranke, denen als Kinder vom Klerus Angst vor einem entsetzlich strafenden Gott gemacht wurde, eine Angst, die tief im Unbewussten weiter virulent ist. Psychiater haben aber die Pflicht, sich auch um die größte Angst des Menschen zu kümmern, wie sich ein Chirurg auch um alle Wunden, ja auch und speziell um die größten kümmern muss. Sie sind die Spezialisten auf dem Gebiet Angst. Darum werden sie vertrauensvoll aufgesucht. Verantwortliche Stellen habe ich über das Fehlverhalten der Psychiatrie bereits gründlich aufgeklärt. Eine Psychiaterin wurde von mir wegen unterlassener Hilfeleistung im August 2012 angezeigt. Man „bescheinigte“ ihr Unschuld. Doch man begeht nicht gerne als Staatsanwalt Rechtsbeugung. Denn dann verliert man seine Zulassung.

Ihr Frank Sacco, Internist, Doktor der Medizin, Mitglied der Ärztekammer Niedersachsen.