Hier in Neustadt i. Holstein gibt es den „Bücherwurm“. Das ist eine Einrichtung der hiesigen Psychiatrischen Klinik. Hier verkaufen Kranke bzw. Dauerpatienten unter der Aufsicht auch von Therapeuten gebrauchte Bücher.
Vor Jahren erzählte ich dort einer Kranken, ich würde kritische Bücher über Religion und die Hölle schreiben. Sie flüsterte: „Das ist hier ja unser Problem“. Selbstverständlich macht die Höllensache krank, da Hölle Kindern als ein ewiges KZ beigebracht, wenn nicht gepredigt wird. Das Thema Hölle füllt unsere Psychiatrien, da JEDES Kind solcherart psychisch missbraucht wird. Jedes Kind „weiß“ von der Hölle. Der Ausdruck kommt ja auch in der Bezeichnung leckerer Mahlzeiten vor. Jedes Kind, das gesund bleiben will, ist gezwungen, diesen Ort der Folter zunächst zu verdrängen. Es will ja auch mal lachen können.
Nun ging ich heute, an einem Maitag 2023, in den Bücherwurm. Dort war nur eine Person, ein Therapeut. Was denn die größte Angst des Menschen sei, fragte ich. Er wusste es nicht. Ich: „Die Angst vor Folter.“ Er sagte nichts. Was denn die allergrößte Angst sei, so meine zweite Frage. Er wusste es wieder nicht. Ich: „Die vor ewiger Folter, die Angst vor Gott“.
Ich berichtete ihm von meinen Büchern über das Sacco-Syndrom. Die Sintflutstory würde JEDES Kind krank machen. Er überlegte etwas und schoss das für sich und seine Kinder sogleich SICHER aus. Daraufhin ich: Die Story würde aber noch heute in Schulen als wahrhaftig geschehen gelehrt. Und es werde Kindern die Motivation Gottes zu diesem Schritt vermittelt, damit sie ihren Gott auch verstehen können: Die Menschen waren ja alles Sünder geworden! Und Sünder gehören nun mal ausgemerzt – und sei es mittels Regenwasser. Ich dazu: Immerhin sei die Flut damit der erste Holocaust der Geschichte gewesen. Klar würde da JEDES Kind Angst bekommen.
Der Therapeut wirkte nun stark verunsichert. Er wurde unruhig. Er blieb aber bei seiner Meinung. Er solle seine Kinder einmal befragen, so mein Rat.
Dann erzählte ich ihm die oben beschriebene Gegebenheit. Die Hölle als ewiges KZ würde schon große Ängste bei jedem Kind hervorrufen. Und man müsse über jedes KZ reden.
Nein, erwiderte er, und das im Wissen über die Angst seiner Patienten. „Nie“ würde er mit Patienten über die Hölle reden. Der Grund: Das würde diese „verunsichern“. Er verbat es sich auch gleich, dass ich in der Einrichtung mit Patienten darüber spreche. Ich sagte ihm auf den Kopf zu, dass die Hölle auch sein Problem sei. Die Unruhe nahm merklich zu. Er wendete sich ab und beendete das kurze 5-Minuten-Gespräch. Psychoanalyse tut zunächst immer etwas weh, aber mit der Zeit wird es umso besser.
Ist nun Schweigen zur Angst der schwer Höllenangstkranken wirklich die richtige Therapie in einer Psychiatrie? Nein. Ein therapeutisches Gespräch über die Hölle, wie ich es in der EAT, der Ecclesio-adversativen Therapie vorstelle, trägt zur Heilung bei. „Verunsichert“ und krank geworden sind die entsprechenden Patienten durch das festgeschriebene Dogma Hölle. Über Gespräche lässt die große Verunsicherung nach. „Gott ist doch kein Hitler.“
Da fällt dann oft der Groschen. Leider erst dann. Was Kirchen mit Gewalt in Kinderseelen implantieren, bekommt man nur durch Nachdrücklichkeit wieder heraus.
Die vermeintliche Sicherheit der Therapeuten ist, wie man sieht, leicht erschütterbar. Im dortigen Unbewussten herrscht bis auf Ausnahmen die Despotenprojektion, herrscht diese Hitlerfigur. Das erklärt uns die extreme Suizidrate meiner dortigen Kollegen. Sie wissen gar nicht um ihre Angst und um die ihrer Klienten. Um gute Therapeuten zu werden, müssen sie zunächst in Therapie.