Einführung

 Prolog:

Behandelt unsere Psychiatrie ihre Kranken falsch, seit hundert Jahren falsch? Die Antwort ist: Ja. Freud führte auf die falsche Spur. Seine Theorie der Kastrationsangst und des Penisneides war intellektuell konstruiert. Sie war nicht einmal die Ursache der Neurose Freuds. Wem von Ihnen, liebe Leser, hat schon ein Elternteil mit dem Abtrennen des Penis gedroht? Denn das war für Freud, was er mit „Kastration“ meinte. Ja wer wurde, wer ist auf diese Weise kastriert? Niemand.  Wenn ein Vater es wagt, seinem Kind damit zu drohen, übernimmt das Jugendamt die weitere Aufsicht.

 

                                  Bild: F. Sacco  Akryl

 

Was ist jetzt aber die größte Angst des Menschen, die Angst jedes Kindes? Nun, was setzt diese Gesellschaft ihren Kindern für einen Gott, für ein Gottesbild vor? Hat dieser „Gott“ nicht mit der Sintflut Schreckliches getan? Hat er nicht alle Lebewesen in Sodom und Gomorrha, ganz zum Entsetzen unserer Kinder, lebendig verbrannt? Ist er damit nicht zum größten bekannten Verbrecher geworden, oder besser: Vom Klerus dazu gemacht worden? Ist dieser „Gott“ nicht nach Rache an „Sündern“ noch heute völlig verrückt? Diese Gesellschaft lässt es zu, dass der ehemalige Leiter meiner Kirche, Bischof N. Schneider, noch heute ungestraft einen Gott, der die Liebe, in Person sein soll, missbraucht. Er unterstellt ihm ein wirkliches und ewig strafendes Feuer. Das mache Kinder nicht krank, so unsere an diesem Punkt paranoide  Psychiatrie. Auch die Deutsche Bischofskonferenz schreibt mir, es sei „nirgends valide belegt“, dass ein Bedrohen mit ewigem Feuer Kinder erkranken lassen könne. Hier machen sich beide lächerlich: Die Psychiatrie, die das noch nicht valide belegen konnte, und die Bischöfe, die sehr wohl die größte Angst des Menschen kennen und „behandeln“.

Den Begriff Kastrationsangst müssen wir ersetzen: Gottangst ist die größte Angst des Menschen. Das lehren uns nicht nur Eugen Drewermann, Karl Jaspers und zahllose Geistliche. Sie ist auch die Angst unserer Psychiater.  Diese Angst ist allerdings tief verdrängt. Die Kirchen setzen in finanziellem Eigennutz einer ängstlich-gläubigen Bevölkerung einen Gott der ewigen Rache vor. Das hat mit Religion nichts zu tun. Das kann nicht gutgehen. Die Insassen der psychiatrischen Anstalten sind nicht etwa wegen Kastrationsängsten interniert. Sie haben, zu „Sündern“ gemacht und schuldig an Jesu Kreuzestod Gesprochenen, Gottangst – und damit eine leicht zu behandelnde Erkrankung. Denn Gott ist nicht, wie sie glauben gemacht wurden, ein Despot. Es ist eine Unverschämtheit des Klerus, wehrlosen Kindern ein solches mittelalterliches Gottesbild vorzusetzen. Es ist ein Verbrechen mit allen Auswirkungen eines Verbrechens. Und um dieses Delikt geht es hier. Es geht um die Erkrankungen, die dieses Delikt bewirkt: Das Sacco-Syndrom.

Prolog Ende

 

Das Buch „Wenn Glaube krank macht“ beschreibt die Krankheiten durch unseren Glauben.  Das Buch „Die Neurose  Sigmund Freuds als Kollektivneurose“ ist eine Art Zusammenfassung für den eiligen Leser. Es liegt, ebenfalls online,  auch in englischer Übersetzung hier vor.

Es ist möglich, dass Sie sich, lieber Leser, bereits nach kurzem Anlesen dieser Bücher  unwohl fühlen. Analytisch liegt diesem Unwohlsein das Sacco-Phänomen zugrunde: Die Auseinandersetzung mit der „Gerechtigkeit“ des Kindheitsgottes und die infrage Stellung dieser „Gerechtigkeit“ bewirkt unbewusste Schuldgefühle. Alle Gerichte Gottes seien gerecht und wir müssten ihn trotz der drei Massaker Sintflut, Sodom und Gomorrha lieben. Das wurde uns in kirchlicher Hypnose und leider mit Erfolg eingeimpft. Das Phänomen führt leider dazu, dass man oft nur 10 Seiten meiner Arbeiten lesen kann und dann abbricht, abbrechen muss. Das Sacco-Phänomen verhindert normalerweise, dass wir die Sintflut als das wahrnehmen, was sie war: Ein schweres Verbrechen an Mensch und Tier, als einen Holocaust.

 

Die größte Angst des Menschen ist naturgemäß die vor Folter, die allergrößte ist die vor ewiger Folter. Nicht jedes Kind aber verträgt die offene Androhung ewiger Feuerqual. Unsere Religion hält durch ihre Höllenandrohungen „ihre Angehörigen in permanentem Schrecken“, so Ursula Nuber in Psychologie heute compact, Heft 30, 2012, Seite 3. Ein ebenso seltenes wie wahres Statement. Dass diese Folterandrohung und damit dieser unser Glaube krank macht, ist kaum bekannt und nur wenigen Bürgern überhaupt bewusst. Sind auch unsere Psychiater davon krank? Verkennen oder Verneinen sie gar wahnhaft den schädigenden seelischen Druck, den unserer beiden Großkirchen speziell auf Kinder ausüben? Warum sprechen sie, wie sie es selbst zugeben, nicht mit ihren Patienten über Glaubensfragen und deren Kranksein durch ihren Glauben? Warum „überweisen“ sie nach eigenem Bekunden Patienten, denen ärztliche Gesprächstherapie ja zusteht und die dafür bezahlen, mit kirchenbedingten Erkrankungen zum Theologen, also im Prinzip zu den Vermittlern und damit Verursachern jenes krank machenden Glaubens? Die geforderte ärztliche Qualitätskontrolle unterbleibt in diesem System vollständig. Hinter der oben genannten Verfahrensweise verbirgt sich der größte Kunstfehler in der Psychiatrie mit einem immensen volkswirtschaftlichen Schaden. Dieses Buch geht darauf speziell ein.

Ca. 40 % unserer Psychiater sollen stoffgebunden abhängig sein, ca. 15 % waren einmal oder öfters stationär. Sie bringen sich oft um. Viermal mehr als wir. Größtenteils ist ihnen Supervision zur Pflicht gemacht, eine „Behandlung“ quasi, die sie vor übertragbaren seelischen Krankheiten schützen soll. Sie haben oft aufgrund einer frühkindlichen Kränkung ein schlechtes Selbstwertgefühl – hinter einer Maske vermeintlicher Stärke. Wenn man sie dann kritisiert, reagieren sie nicht situationsangepasst. Unsere Psychiater brauchen also Hilfe, sie brauchen dieses Buch. Tiefenpsychologen neigen dazu, ihre Kritiker wie auch Kritiker der christlichen Religion als paranoid, also als wahnkrank zu beurteilen. Paranoia oder Wahn ist eine Trugwahrnehmung von Wirklichkeitscharakter.

Paranoid zu sein ist im Grunde gar nichts Besonderes. Sigmund Freud dazu: „Es wird behauptet, dass jeder von uns sich in irgendeinem Punkte ähnlich wie der Paranoiker benimmt, eine ihm unleidliche Seite der Welt durch Wunschbildung korrigiert und diesen Wahn in die Realität einträgt.“ Natürlich ist dem so. Wer diese Welt mit der dunklen Seite ihrer Realität uneingeschränkt wahrnimmt und nichts verdrängt, verfällt in Depression oder Manie und bringt sich in aller Regel um. Seit Schopenhauer, einer der ehernen Ausnahmen dieser Regel, wissen wir, dass es so ist. Wahn und Halluzination sind primär keine Erkrankungen. Sie sind immer nur Symptome und stellen eine Möglichkeit unserer normalen Hirnfunktion dar. Im Traum halluzinieren wir ja alle. Der Schizophrene hat als Angstkranker soviel Angst, dass das Hormon Dopamin im Überfluss vorliegt. Die Folge ist das Halluzinieren. Luther halluzinierte den Teufel. Sein Tintenfass traf aber nur die Wand. Da war kein Teufel. Da war nur zuviel Dopamin im Angstpatienten Luther.

Ich bin aktives Mitglied der evangelisch-lutherischen Kirche und stamme aus einer religiösen Familie. Hannah Arendt lehrte uns, dass in Auschwitz die Religion an einen Endpunkt geraten ist. Ich spreche in diesem Buch von einem neuen Ausgangspunkt der Religionen, der Religion nach Auschwitz. Eingestreut in die Texte sind Gedichte von mir. Sie sind in den letzten 20 oder 30 Jahren entstanden.

Liebe, du nicht
Liebe,
du hast es nicht getan:
Mit Flut die Welt ertränkt.
Die Kinder, die Unschuldigen,
die Schwangeren.
Liebe, du nicht:
Gefoltert Hiob. Verlangtest nicht
das Sohnesopfer von Abraham.
Hölle – nicht deine Idee.
Liebe,
es war nicht dein Wille:
Seine Folter am Kreuz.
Krebs / Aids:
Es ist nicht dein Wille.
Du warst nicht im Urlaub: 1933 bis 45

 

Zur Erläuterung: Die jüdischen Gefangenen im KZ sagten manches Mal, um Gott keinen direkteren Vorwurf machen zu müssen, „Er ist im Urlaub.“ Er war es aber nicht. Er hätte gern geholfen. Er konnte nur nicht. Gott selbst ist ohnmächtig. Auschwitz ist der ausdrückliche Beweis seiner Ohnmacht. Ich sage immer: Wir sind seine Hände. Eine Hilfeleistung in den KZs, die im Rahmen der Fürsorgepflicht eines Schöpfers an dieser Stelle seine ausdrückliche Pflicht gewesen wäre, wurde also nicht mit Absicht unterlassen. Verzichten wir also bitte in Zukunft auf die überflüssige Frage: Warum lässt Gott das zu?

Vielleicht sind diese Bücher, vielleicht ist diese Web-Seite , in denen es um die Abschaffung des Höllengedankens geht, nichts für Sie, lieber Leser. Es ist nicht Ihr Thema, es langweilt Sie oder es ist Ihnen vielleicht zu deutlich in seiner kirchenreformerischen Ausrichtung. Lesen Sie dann hier einfach nicht weiter. Wenn man sich beim Lesen meiner Bücher plötzlich sehr unwohl fühlt, liegt die Ursache meist in verdrängter eigener Gottangst und der Angst, man würde selbst als Leser Gott kritisieren und sich an einer Gotteslästerung beteiligen. Der Analytiker und Priester N. Frenkle sagt zu diesem Problem: Die Kirche lästert Gott.  Schließen Sie sich trotzdem meiner Religionskritik auch nicht vorschnell an. Fragen Sie erst einmal ihr Unbewusstes, ob Sie Schuldgefühle bekommen, wenn Sie selber „Gott“- Kritik üben. Haben Sie Geduld.