Nietzsche, Kirche und Hitler
Karl Ludwig Nietzsche, Friedrich Nietzsches Vater, studierte Theologie und wurde Pfarrer. Wieder also diese Unglückskonstellation: Vater Geistlicher, Sohn orthodox Gläubiger im Vatersinn. Friedrich Nietzsches Schicksal war in der Tat sein Vater, oder genauer: Der Beruf des Vaters. Drei von vier Pfarrerskindern werden psychisch krank, da sie früh von Himmel und Hölle hören. Denn der Vater glaubt an Beides und bittet bei Tische um Vergebung, da er nicht in die Hölle möchte. Gott solle weder ihn, den Pfarrer, noch Mitglieder seiner Familie in Versuchung (in die Sünde) und damit in die Hölle führen, in der nach Bischof N. Schneider, Chef der heutigen EKD (Stand 2014), ewig mit Feuer gefoltert wird. Welches Kind hält so etwas aus? Keines. Beide Kirchen denken nicht ernsthaft daran, den „Glauben“, den Aberglauben an eine Folterhölle aufzugeben. Die Folterhölle, so verplappert sich Schneider vor Journalisten, sei ein „Geschäft “ der Kirche. Ein hartes, aber einträgliches Geschäft! Man geht über Leichen und weiß es. Atheismus, so Eugen Drewermann, sei angesichts dieses Glaubensinhaltes eine „notwendige Form der Selbstbehauptung“ (in „Gespräche über die Angst“).
Friedrich erlitt damit ein schweres seelisches Trauma (die Androhung ewiger Folter) und entwickelte eine klassische PTBS mit dem A-Kriterium im DSM-IV: „Drohende ernsthafte Verletzung“ und „Gefahr der körperlichen Unversehrtheit“ mit den Reaktionen „intensive Furcht, Hilflosigkeit und Entsetzen“. Ihr Entsetzen über „Gott“ merkt man Kindern nicht an. Sie schreien nicht laut. Sie sind als Opfer seelischer Maximalgewalt stumm.
Nietzsches Eltern hatten einen besonders erzieherischen Trieb: Die Kinder mussten aufs Wort gehorchen. Siehe dazu Biographie Curt Paul Janz: „Wenn etwas nicht nach seinem (Friedrich Nietzsches) Kopf ging, warf er sich rücklings zu Boden und strampelte vor Wut mit den Beinen. Aber der Vater muss hiergegen sehr energisch vorgegangen sein“. Und später: „Er begehrte dann nicht mehr auf, sondern verzog sich wortlos.“ Gesundheitliche Störungen behandelte die Mutter mit kalten Übergießungen. Auch sie war in der Erziehung streng. Die Mütterlichkeit war „im Grunde kalt“. Seine Schwester nannte ihn, Friedrich Nietzsche, den kleinen Pastor. Bibelsprüche und geistliche Lieder konnte er mit einem solchen Ausdruck hersagen, dass man fast weinen musste. In der Schule überwog der religiöse Unterricht (C. P. Janz).
So wurde Nietzsche schon als Kind ein Revolutionär. Die Revolution gegen das Christentum wurde ihm in das Kinderbettchen gelegt. Auch zu noch „gesunden“ Zeiten ist N. also schon krank mit den Symptomen gewisser Skrupellosigkeit und eines Größenwahns. Wie durch ihn selbst bezeugt, bestanden bei Nietzsche um sein 24. Lebensjahr öfters Halluzinationen. Da war er bereits Professor, handfester Kirchenkritiker – und krank. Bei diesem Lebenslauf wird Nietzsche das Engramm der Hölle unauslöschlich getragen haben. Später wendete er sich, wie bekannt, gegen das orthodoxe Christentum mit dem Ausspruch: „Gott ist todt“, was ihm bedeutete: Gott hat auch einmal gelebt. Nietzsches vermeintlicher Atheismus war demnach keiner. Sonst hätte seine These gelautet: „Gott ist nicht und war nie“. N.: „…die Ehrfurcht vor Gott ist die Ehrfurcht vor dem Zusammenhang aller Dinge und Überzeugung von höheren Wesen als der Mensch ist.“ Und: „Die Widerlegung Gottes: – eigentlich ist nur der moralische Gott widerlegt.“ Tatsächlich fehlt einem „Gott“, der das KZ Hölle vorhält, jede eigentliche Moral. Ein solches Gottesbild muss abgelehnt und unter allen Umständen im Interesse unserer Kinder bekämpft werden. Und vielleicht meinte Nietzsche wie auch ich: Ein allmächtiger Gott kann nicht gleichzeitig moralisch sein. Es gäbe sonst keinen Hunger- oder Dursttod von Kindern in den Wüsten dieser Erde. Möglicherweise dachte Nietzsche aber so wie der Nobelpreisträger Isaak B. Singer: Gott ist unmoralisch. N. meinte aber wohl eher: Die Kirchen sind unmoralisch: „Krank machen ist die eigentliche Hinterabsicht des ganzen Heilsprozeduren-Systems der Kirche… Der Priester herrscht durch die Erfindung der Sünde… Das Christentum war das bisher größte Unglück der Menschheit.“ Und: „Wir sind die Erben der Gewissens-Vivisektion und Selbstkreuzigung von zwei Jahrtausenden.“ Wie aktuell er damit doch ist: E. Drewermann spricht sehr kritisch vom durch unsere Kirchen „hochgezüchteten Sündenbewusstsein“. Heute wird die Gefahr Kirche für die Gesundheit der Gläubigen eben von diesen Gläubigen aus Angst ignoriert und bagatellisiert. Umso mehr sind wir N. heute für seine Analyse des Christentums zu Dank verpflichtet, dort, wo es mit seinem Höllen- und Folterpredigen noch immer schlimmstes Heidentum und Aberglaube ist.
P. J. Möbius zitiert Nietzsche: „Ich heiße das Christentum den einen großen Fluch, die eine große innerliche Verdorbenheit, den einen großen Instinkt der Rache, dem kein Mittel giftig, heimlich, unterirdisch, klein genug ist, – ich heiße es den einen unsterblichen Schadfleck der Menschheit…“ Auch die Sätze: „Jesus war ein Idiot“ oder „Priestersein und Lügen ist ein und dasselbe“ brachten N. wohl erhebliche unbewusste Schuld- oder besser: Sündengefühle ein. Er, der die Bedeutung des Unterbewussten vor der Ära Freud noch nicht einschätzen konnte, lief damit in das Messer des Sacco – Syndroms mit seinen immensen Gewissensqualen und Ängsten vor der Hölle. Dieses Messer sollte den Denker von 1889 bis ins Jahr 1900 quälen – 11 lange Jahre.
Nietzsches philosophisches Denken bricht typischer Weise zeitgleich mit der Herausgabe des „Antichrist“ am 30. September 1888 endgültig ab, praktisch mit seinem „Totschlag“ Gottes. „Wer wischt dieses Blut von uns ab?“, fragt Nietzsche. „Wie trösten wir uns, die Mörder aller Mörder“, stellt Nietzsche die Frage in der „Fröhlichen Wissenschaft“, die für ihn so unfröhlich endete. „Ich komme zu früh, sagte er dann, ich bin noch nicht an der Zeit“, heißt es dort. Nietzsche kam zu früh. Er kam vor der Psychoanalyse. „Stürzen wir nicht fortwährend?“ Nietzsche stürzt als Mörder aller Mörder Ende 1888 in die endgültige Geisteskrankheit ab, und das, ohne überhaupt einen Mord begangen zu haben. Denn der Gott der Bibel ist eine Erfindung – eine der grausamsten dieser Welt. Erfindungen lassen sich nicht ermorden. Das sage ich hier als moderner Gläubiger und über meine Taufe Mitglied und Priester der Evangelischen Kirche. Über ihre ständigen Bedrohungen mit ewiger Feuerfolter, so zuletzt vorgenommen von Bischof Nikolaus Schneider, erweist sich diese meine Kirche, wenn Sie so wollen, auch als terroristische Vereinigung. Denn von Anbeginn der Kirchengründung war der Klerus bei seinen Drohungen speziell auf eines aus: Reichtum und Macht. Schneller als mit Androhung von Folter (und der Waschmittelreklame Paradies) lässt sich kein Geld verdienen.
Und, seien wir einmal ehrlich, lieber Leser: Wer von uns traut sich, zu Jesus und damit zu Gott zu sagen, er sei ein Idiot? Wer traut es sich, dieses „Gott ist ein Idiot?“ Welcher Atheist traut es sich? Nietzsche gibt als Untertitel zum Antichrist an: „Fluch auf das Christentum“. Wäre Nietzsche heute Arzt, müsste der höchstwahrscheinlich umgehend zu einem „Gespräch“ zur Kammer, ihm seine Zulassung zu entziehen. Der große deutsche Denker unterschreibt seine letzten Briefe mit „Der Gekreuzigte“. Das war keineswegs Gotteslästerung. Es zeigt uns, wie sehr Nietzsche unter stärksten seelischen Qualen litt, die denen des Prometheus glichen, dem täglich ein Adler auf Geheiß der griechischen Erfindung Zeus ein Stück Leber aus dem Bauch reißen musste. Wie Prometheus litt Nietzsche unter masochistischen, religionsbedingten Qualen einer Depression aufgrund einer „Sünde“, die das Unterbewusstsein dem Bewusstsein des Gläubigen übel nimmt. In einer EAT wären beide, Prometheus und Nietzsche, u. U. in kurzer Zeit heilbar gewesen. N. litt unter einem Mischbild von Depression und Psychose, also den schlimmsten Erscheinungen bei einem Sacco-Syndrom.
Die Diagnose syphilitische Paralyse kann bei N. nicht zutreffen, traten erste Halluzinationen doch schon mit 24 Jahren, also bereits 1868 auf. Der Beginn der angeblichen Paralyse, die keine war, wird dagegen erst auf das Jahr 1880 festgelegt. Auch wurde der Syphiliserreger wurde erst 5 Jahre nach seinem Tod durch Schaudinn überhaupt entdeckt. Die Diagnose Paralyse wäre demnach eine Diagnose ohne Erregernachweis. Möbius, der Nietzsche ebenfalls eine Paralyse nachsagt, schreibt, die Krankheit sei eine „Vergiftung“. Die Symptome einer Paralyse und die einer Schizophrenie sind allerdings oft identisch.
Im Jahr 1888 wird Nietzsche in Abwehr der ihn bedrohenden Depression manisch. Er bemerkt an sich eine „enorme Steigerung der Arbeitskraft“ und propagiert einen „Krieg aufs Messer“ mit der „Gegenwart“. Alle plagende Schwächung seiner Gesundheit ist verschwunden. „Exemplarisch gut gelaunt, wohlernährt und zehn Jahre jünger als es erlaubt wäre“, so N. „Ich esse hier mit der allerheitersten Verfassung an Seele und Eingeweide, gut viermal so viel wie in der Panada.“ Die Pandana ist ein Restaurant in Venedig. In einem Brief an Malwida von Mensenbug Ende Juli 88: „Ich bin der unabhängigste Geist Europas und der einzige deutsche Schriftsteller – das ist etwas!“ Es scheint ihm als ob er „Das Schicksal der Menschheit in der Hand habe“, so an Peter Gast am 30. Okt. 88. Religiös gesehen lädt er weitere „Sünde“ auf sich und verspottet das Christentum, es sei „unanständig“. Toleranz sei „Feigheit und Charakterschwäche“. Sein Buch „Ecce homo“ sei „ein Attentat ohne die geringste Rücksicht auf den Gekreuzigten“, so in einem Brief an Georg Brandes am 20. Nov. 88. Da er dabei auch Christentum mit Mitleid identifiziert (was grundsätzlich nicht stimmig ist, denn dessen Götter kennen kein wirkliches Mitleid) und sich für eine Herrenklasse mit Herrenmenschen gänzlich ohne jedes Mitleid einsetzt, wird er unverständlich und wirkt mit seiner „Umwertung aller Werte“ abstoßend gegenüber seinen Freunden. Er klagt, er vereinsame. Er sei jetzt „absurd allein in meinem unerbittlichen und unterirdischen Kampfe gegen alles, was was bisher von den Menschen verehrt und geliebt worden ist.“
Uns wird nun augenscheinlich, dass hier ein im Geist Kranker zum geistigen Vater der späteren Mitleidlosigkeit in den KZs späterer Herrenmenschen wurde, die sich in ihrem Handeln auf Nietzsche beriefen. Für den deutschen Dichter gilt aber: Er kann sich auf die Schuldunfähigkeit eines geistig Kranken, eines ekklesiogen Kranken berufen.
Kurz bevor sich N. in 10 Jahre ecclesiogen-masochistischer Depression verabschiedet, schreibt er, noch gerade manisch, seiner Mutter am 21. 12. 1888: „Zum Glück bin ich jetzt allem gewachsen, was meine Aufgabe von mir verlangt. Meine Gesundheit ist wirklich ausgezeichnet; die schwersten Aufgaben, zu denen noch nie ein Mensch stark genug war, fallen mir leicht.“ Nietzsche hatte die Rechnung ohne den Wirt (in diesem Fall sein Unbewusstes) gemacht. Er litt tatsächlich nach Abklingen der Manie wie der Gekreuzigte. Er litt an schweren Schuldgefühlen wegen des „Mordes“ an seinem Kindheitsgott. Nietzsche über seinen Gott: „Ich hat ihn gekreuzigt“.
Solche Verläufe gibt es bei derartigen Auseinandersetzungen in anderem Zusammenhang leider recht oft. Es gibt sehr oft dieses völlig absurde klerikal eingeredete Sündengefühl, man sei schuld an Jesu Kreuzigung. Das unheilige Abendmahl dient ja diesem Zweck der Schuldinokulation bereits im frühen Kindesalter. Schon Rilke nannte das Abendmahl Glut und Gift. Dass wir Jesus nicht gekreuzigt haben, bestätigten mir die Staatsanwaltschaften Hannover und Flensburg. Es ist ein Kirchentrick. Meine Deutung der Krankheit Nietzsches passt besser zu seinem Persönlichkeitsprofil als die einer Syphilis im Endstadium. Oder wurden Treponemen tatsächlich postmortal in seinem Gehirn nachgewiesen? Wohl nicht. Nietzsche starb 1900.
Zuletzt also, schon zwischen Depression und Manie krank, verteufelte N. in manischer Selbstüberschätzung und Identifikation mit den „Starken“ dieser Welt das Mitleid mit den Schwachen, nannte Schwache die „Missratenen“. Er fand es nur völlig in Ordnung, wenn die Starken, z. B. Napoleon, diese Missratenen zwecks Machtausübung und Machtsteigerung in Kriegen ohne jedes Mitleid vernichteten, um die „ungeheure Energie der Größe zu gewinnen, um durch Züchtung und andererseits durch Vernichtung von Millionen Missratener den zukünftigen Menschen zu gestalten und nicht zu Grund zu gehen an dem Leid, das man schafft und dessengleichen noch nie da war“. Züchten sollte man den Herrenmenschen und vernichten die Missratenen. Jenseits von Gut und Böse müsse man denken, so N.. Seinen König Lear lässt er sagen, er, Lear wolle Dinge tun, die „solln werden das Grauen der Welt“. „Alle Brutalität des Niedertretens, alle Entfesselung der elementaren Bestie erscheint hier als Recht und Pflicht des Starken…“, so Wilhelm Windelband in „Lehrbuch der Geschichte der Philosophie“ von 1921. So schnell wird man als Pfarrerssohn zum Vater der Nazizeit. Mag auch in der uns umgebenen Natur das „Recht“, oder besser: das Gesetz des Stärkeren gelten, so gilt es nicht für den Menschen in einem einigermaßen humanen Wertesystem. Doch auch das Schützen der Schwachen wird in der Natur stammesintern bei der Tierwelt beobachtet.
N. war übrigens der Meinung, die katholische Kirche habe bisher nur Verbrecher und Wahnsinnige heiliggesprochen. In der Tat ist es so, dass die Geistlichkeit gern ein „heilig“ vor Dinge setzt, die sehr unheilig und sehr sündig sind. Man will so als Kirche von der Unheiligkeit, von der Grausamkeit der Religionsinhalte ablenken. Vom Heiligen Stuhl ging die Juden- und Hexenverfolgung aus. Das Aids- bzw. Kondomproblem wurde bereits angesprochen. Das „Heilige“ Abendmahl bringt auf sehr unheilige Weise unseren Kindern schwerste, schwer krank machende Sündegedanken. Mit Absicht! Es macht sie, wie es offiziell heißt, zu „Mittätern“ an Jesu Kreuzigung, was sie nach einem Urteil der Staatsanwaltschaft Flensburg gar nicht sind! Ich musste meiner Kirche im Jahr 2009 eine Strafanzeige wegen Kindesmisshandlung zukommen lassen, da sie das Kinderabendmahl für Vierjährige (!) eingeführt hatte. Man zog sich daraufhin auf katholisches Niveau (9 Jahre) zurück. Die „Heilige“ Schrift ist das grausamste Buch der Welt und trägt Verantwortung an furchtbarem Leid und an diversen Kriegen. Ist sie nicht das unheiligste Buch dieser Welt, indem sie offenen Antisemitismus heiligt und zur Religion erhebt (s. Joh.8, 44, die sog. „Teufelskindschaft der Juden“), und sich so in schrecklicher Weise eine Mittäterschaft an und in Auschwitz zuschreiben muss? Uneingeschränkten Respekt darf man unserer Religion also eher nicht einräumen. Doch nun ein Gedicht über Nietzsche.
Sein letzter Kampf
Den letzten Kampf, den schwersten, ihn musstest du verlieren,
du kämpftest ihn zu früh, konntst dich in ihm nicht wehren.
Wir kennen sie schon lange, in unsrer Leber verkrochen,
die schwarze Totenschlange, im Hirn den tödlichen Rochen.
Du tötetest den stärksten Gott, den schlimmsten aller Götter,
den schlimmsten aller Sünder, der verbrannt ganz ohne Not,
die Frauen und die Kinder.
Ein leeres Nichts hast du getötet, und doch, ein Bollwerk ohnegleichen,
unds Denken an der Hölle Qual, es konnt in dir nicht weichen.
Des Wahnsinns harte Hand strafte dein Unterfangen,
hart wie der Ziegel Wand, voll Irresein und Bangen.
So gib das Schwert mir, tapfrer Mann, ich will es gut verwalten,
so gut ich eben kann. Der richtge Gott wird zu mir halten.
Wir sind nun stärker denn dein Arm, denn viele stehn im Glied.
Wir stehen eng und warm, wo´s in den Kampf uns ziehtAuch er, der wahre Gott, steht jetzt zur Wehr,
gelöst von Ketten Pein.
Er ist das warme Herz in dir,
kann dir kein Feind mehr sein
Gedacht haben mag Nietzsche bei seinen Worten, die katholische Kirche habe bisher nur Verbrecher und Wahnsinnige heiliggesprochen, auch an den Heiligen Franz von Assisi. Der lebte im 13. Jahrhundert. Johannes Fidanza Bonaventura schreibt über ihn in seinem Buch „Das Leben des Heiligen Franz von Assisi“, Herder. Assisi: „Selig, die Verfolgung leiden um der Gerechtigkeit willen, denn ihrer ist das Himmelreich.“ Assisi wurde „vom Teufel versucht“. Bei diesem Manöver „riss er in seiner Geistesglut die Türe auf und lief in den Garten, stürzte sich mit bloßem Leibe in den tiefen Schnee, machte sieben große Schneeklumpen und sprach zu seinem Leibe…“ Das klingt für einen Internisten nicht gerade gesund. Die demütige Buße hielt er für das Wichtigste. In allen Krankheiten, Nöten und Gefahren, so erfahren wir, erfährt man Hilfe von Franz. Ja selbst Tote sind durch ihn wieder zum Leben erweckt worden, behauptet seine Kirche. Waren die wirklich internistisch gesehen ganz und gar tot? Hatten sie wirklich schon die drei sicheren Todeszeichen: Totenkälte, Totenstarre, Totenflecke? Der Christ Helmut Schmidt glaubt nicht an solche Wunder. Und Internisten sind oft noch skeptischer.
An Franzens Händen und Füßen erschienen plötzlich Nägel, wie er sie an dem Gekreuzigten gesehen hatte. Hände und Füße waren in der Mitte der Hohlhand mit Nägeln durchbohrt, deren Köpfe sichtbar waren und deren Spitzen rückwärts deutlich hervortraten. Nägel wurden aber in der Regel von den alten Römern weiter oben durch das Handgelenk geschlagen, da ein Nagel in der Mitte der Hand einen Körper am Kreuz nicht halten kann. Der Körper mitsamt dem Gekreuzigten würde dann vom Nagel bzw. den zwei Nägeln abreißen. Über dieses Problem hat man Versuche gemacht. Den Gekreuzigten schlugen die Römer die Nägel proximal (also körperwärts) des Ligamentum tranversum carpi ein. So ist es richtig und fachmännisch gemacht. Das konnte Franz aber nicht wissen. Er glaubte den Abbildungen, die Jesus am Kreuz zeigen. Auch die Brust des Heiligen Franz war wie von einer Lanze durchstoßen. Blut floss häufig aus dieser Wunde… Nur: Wo kam die Wunde her? Wer hat sie Assisi beigebracht? Der liebe Gott? Man bestaunte seine Wunden und sprach ihn wegen dieser Blessuren heilig. Kein Mensch hatte aber gesehen, wie Gott sie ihm beibrachte.
Die Psychoanalyse Nietzsches bliebe ohne Bezug zu Hitler zu mager. Daher das Kapitel „Psychoanalyse Hitlers“. Es folgt jetzt.
Trügt hier der schöne Schein? Ist alles Gold, was hier glänzt? Wer hat dies alles bezahlt?